Sven Wiegmann: Atem Land

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Sven Wiegmann Atem Land ISBN: 3-9928143-08-5

Roman von Sven Wiegmann

Nur zum Spaß lassen zwei Friesen den Schimmelreiter auferstehen. Doch der Spaß ist in dem Moment vorbei, als sie zufällig in die unglückliche Situation geraten, nachts am Strand von St. Peter-Ording ein Verbrechen an einer jungen Touristin zu verhindern. Unglücklich deshalb, weil sie nicht ahnen können, mit wem sie sich dabei anlegen. Im Laufe des Geschehens zeigt sich auf dramatische Weise, dass der Schimmelreiter noch immer gebraucht wird.

280 Seiten, 2 Zeichnungen, Hardcover, 15 x 21 cm,
ISBN 13: 978-3-928143-08-0.

Pressestimmen

Nord-Ostsee-Bahn (Herbst 04)

Norddeutscher Rundfunk: Nordtour (Februar 2005)

„... eine spannende Kriminalgeschichte und
gleichzeitig auch eine wunderbare Liebeserklärung
an die Region Eiderstedt in Schleswig-Holstein.“

Sankt Peter Ording Magazin (1/2006)

Sankt Peter Ording Magzin

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Über den Autor

Sven Wiegmann

Sven Wiegmann, Jahrgang 1970, studierte Geographie und promovierte 1998 im Graduiertenkolleg Integrative Umweltbewertung in Kiel. Seit 1995 arbeitet er wissenschaftlich in verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten mit regionalem Bezug zu Schleswig-Holstein.

In dem Buch "Atem Land" spiegelt sich seine Faszination von der Westküste Schleswig-Holsteins wider.

Interview 5.9.2004:

Carsten Kock befragt den Autor Sven Wiegmann

Interview 16.2.2005:

Swen Radestock befragt den Autor Sven Wiegmann

Leseprobe

Anfang Kapitel 1

An den Salzkristallen und winzigen Staubpartikeln der Luft war der Wasserdampf kondensiert und hatte die Sicht getrübt. Fast gab das der flachen Marschlandschaft mit den herausragenden Baumgruppen ihrer verstreuten Warften etwas Mystisches. Seit Tagen hatte ich mich auf ein Lauftraining in der frischen Nordseeluft Eiderstedts gefreut.

Ich stellte einen Fuß auf die Eschenbank neben dem Hintereingang unseres Friesenhauses, um den Schnürsenkel neu zu binden. Er war zu stramm. Noch nicht ganz munter an diesem frühen Sonntagmorgen zog ich beim Aufziehen der Schleife einen festen Knoten. Zu mehr kam ich nicht.

»Neiiin!« durchschnitt völlig unvermittelt ein lang gezogener Schrei die morgendliche Ruhe, der tiefste Verzweiflung und das ganze Elend dieser Welt in sich zu vereinen schien.

Ich war sofort hellwach. Es war eine Mädchenstimme. Ohne dass ich die Richtung genau zuordnen konnte, glaubte ich doch zu wissen, woher der Schrei kam.

Ich ließ den Knoten im Schnürsenkel und lief um die Hausecke. In wenigen Sätzen war ich die Einfahrt hoch zur Straße gerannt. Von hier hatte ich einen guten Überblick, denn sie lag auf ihrem Schlafdeich höher als unser Hof und die anderen vier Häuser der Nachbarschaft. Doch auf unserer Fenne gegenüber, von wo meiner Meinung nach der Schrei hätte kommen müssen, war niemand zu sehen. Weder das Mädchen, noch ihr Schimmel.

»Lena? Lena, wo bist Du?« hörte ich von rechts eine andere Stimme halblaut und unsicher. Aber es kam keine Antwort.

Es war Frau Schubert, die uns schräg gegenüber neben unserer Fenne mit ihrer Familie wohnte und irritiert ebenfalls zur Straße hoch kam. Sie wirkte unbeholfen in ihren Hausschuhen und ihrem Bademantel, den sie krampfhaft bis zum Hals zuhielt. Auch sie suchte jetzt die Koppel ab, die sie durch das Schilf und die lockeren Weidenbüsche des Vorfluters, der ihr Grundstück von der Koppel trennte, vom Garten aus nicht hatte einsehen können.

»Auf der Koppel scheint sie nicht zu sein«, sagte ich überflüssigerweise, um überhaupt etwas zu sagen und um klarzustellen, dass ich mit dem, was gerade passiert sein musste, nichts zu tun hatte.

»Ich verstehe nicht. Wo ist sie?« Frau Schubert sprach mit zittriger Stimme halb zu mir, halb zu sich selbst, während wir beide uns um die eigene Achse drehend die Gegend absuchten.

Leseprobe

Anfang Kapitel 15

Der Blick vom Deich aus nach Westen über das Vorland und das Wattenmeer bis zum Horizont, der nur aus Himmel und Nordsee bestand, war wie Energie. Es war mehr als die frische, salzhaltige Luft, die beständig vom Wasser herüber wehte. Es war dieses weite flache Land, das noch immer den Urgewalten der Natur trotzte, das durch seine sanfte, fast unmerkliche Neigung die Energie der Brandung aufnehmen konnte, dauerhafter und verlässlicher als jede Kaimauer es könnte. Diese unendliche Landschaft mit ihren für den Menschen unbeherrschbaren Naturgewalten führte einem klar vor Augen, wie klein und unbedeutend man war. Damit verloren zwangsläufig auch die Probleme, die man mit sich herumschleppte, an Gewicht. Man musste es nur zulassen, dass die Energie dieses Landes auf einen selbst überging.

Sicher, der Mensch bezog die lebensnotwendige Energie aus der Verbrennung von Kohlehydraten und nicht aus mystischen Strömen, die von irgendwoher auf uns übergingen. Aber unbestritten konnten visuelle und akustische Eindrücke eine Mobilisierung von Kraftreserven hervorrufen. Es ging also genau genommen nicht die Energie des Landes auf einen über, sondern der Eindruck des Zusammenspiels von Landschaft und Wind konnte körpereigene Reserven verfügbar machen. So, wie es auch Musik konnte. Man musste nur auf dem Deich stehen, nach Westen sehen, die Kraft der Gezeiten und des Windes spüren und tief einatmen. Dann bekam man den Eindruck, man atmete nicht nur die Luft, man atmete das ganze Land. Man atmete die Weite, die Marsch, das Watt, die Nordsee, das Salz und den Wind. Man atmete die drei Harden Utholm, Everschop und Eiderstede. Das war das Land, in dem ich aufgewachsen bin. Ein Land, das man atmen konnte. Für mich war es das Atem-Land.

Aber diesmal half das Aufnehmen des Atem-Landes mit all meinen Sinnen nicht, meine Probleme aus der Welt zu schaffen. Zu stark waren die Emotionen in mir, während ich versuchte, mit dem Tod meines besten Freundes fertig zu werden. Ich würde oft hier stehen müssen, bis ich mich wieder auf das Leben konzentrieren konnte, das zumindest für mich weiterging. Nur konnte ich mir noch nicht vorstellen, wie. Ich hatte das Gefühl, in den letzten Tagen nur ein passiver Teilnehmer meines Lebens gewesen zu sein. Ich hatte einfach getan, was getan werden musste und eine Aufgabe nach der anderen abgearbeitetet.

Hörprobe

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