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Die Geschichte des HOT JAZZ in HamburgSelbst Schellack-Kratzer wurden nachgespielt. Erinnerungen an die Blütezeit des New-Orleans-Jazz in Hamburg. Morgen findet im CCH der 13. Jazz Marathon statt

(19.11.99, Stefan Hentz, Hamburg) Es gab Zeiten, da feierte die Hamburger Oldtime-Szene ihre Heimatstadt als Zentrum des Deutschen Hot Jazz, als New Orleans an der Elbe, Unter dem Einfluß des Revival des traditionellen Jazz, das das Radio in der britischen Besatzungszone von London über den Kanal schwemmte, und mit fleißiger Nachhilfe von britischen Musikern wie Ken Colyer oder Chris Barber, bildeten sich seit Beginn der 50er Jahren serienweise Bands, die den Jazz traditioneller Machart in der Hansestadt verankerten. Den Anfang machte 1951 die Magnolia Jazz Band im Winterhuder Fährhaus, die Riverside Jazzband folgte wenig später, und noch heute kann man Abbi Hübners Low Down Wizards oder die Old Merrytale Jazz Band hören - Ensembles, die kurz danach entstanden sind.

Bis weit in die 70er-Jahre wuchs das Publikumsinteresse, und auch die örtlichen Medien trugen zum Florieren des Oldtime-Jazz bei. Doch mit dem Boom war die Blütezeit vorbei, der alte Jazz in Hamburg hatte den Neuigkeitswert verloren und war hinter seinem eigenen Klischee kaum noch zu erkennen. Es kam zum Karriereknick, die Popmusik war aufgeblüht und absorbierte das musikalische Interesse der Jüngeren - der traditionelle Jazz war buchstäblich in die Jahre gekommen und zog sich zurück auf einige wenige Treffpunkte und Events. Dort findet man ihn noch heute, zum Beispiel morgen im Jazz Marathon im CCH oder im Frühjahr beim Hot Jazz Meeting.

In letzter Zeit gibt es neue Aktivitäten, mit dem Ziel den Dornröschenschlaf des alten Jazz in Hamburg zu beenden: Der Verein „Swinging Hamburg“ hat mittlerweile drei CDs mit Musik von Hamburger Bands aus dem engen Feld zwischen Hot Jazz, Skiffle und Swing veröffentlicht; das Hamburger Lokalradio bestreitet einen beträchtlichen Teil seines sonntäglichen Programms mit dieser Musik; und Klaus Neumeister, seit 1958 als Waschbrettspieler und Schlagzeuger in der Szene aktiv, hat ein Buch zusammengestellt, „And Our Hearts in New Orleans“ mit dem Untertitel „Die Geschichte des Hot-Jazz in Hamburg ab 1950“, das in unzähligen Anekdoten und Selbstdarstellungen, in Fotodokumenten und Zeitungszitaten von beteiligten Musikern, Kritikern, Freunden und Kennern der Szene einen Eindruck gibt von der Vielfalt des New-Orleans-Jazz von der Elbe.

Der Titel sagt es schon; das Herz hängt an New Orleans, und damit ist nicht die Stadt gemeint, sondern nur ein Mythos. Von vornherein war der traditionelle Hamburger Jazz geprägt von dem Versuch, das, was die alten Meister gespielt haben, möglichst authentisch zu imitieren. „Die Jailhouse Jazzmen, die haben nach alten Schellackplatten geübt“, erzählt Klaus Neumeister am Beispiel einer 1956 gegründeten Band, die ihm besonders imponierte, »und da war ein Kratzer auf der Platte, der paßte rhythmisch. Da haben die so lange geübt, bis sie den Kratzer draufhatten, weil sie nicht wußten, daß es nur ein Kratzer war.«

Aber auch für die Hamburger Musiker war das Kopieren nicht das wesentliche, sondern ein Stück Überkompensation. Für sie war der alte Jazz etwas Neues, der Sound einer neuen Freiheit, der Befreiung von der Bürde der Gleichschaltung und von den Nazis. "Im Anfang war es eben die Aufbruchsstimmung, was Neues zu entdecken, und das teilweise recht progressiv zu tun", erzählt Neumeister aus den Rebellentagen. »Ich erinnere nur an die Jailhouse Jazzmen, die in Kitteln der Hamburger Müllabfuhr aufgetreten sind, das hatte damals genau die gleiche Wirkung wie heute die Punkfrisuren oder so.« Doch Schock und Provokation nutzen sich schnell ab, ganz besonders, wenn sie sich nicht mit dem Willen zur Erneuerung paaren. So kam es im Laufe der Jahre zu einem fundamentalen Funktionswandel dieser Musik. Noch einmal Klaus Neumeister, der Chronist der Hamburger Szene: "Und heute, da ist es eben das Bewahren. Diese Musik ist einfach zu wertvoll, wenn man so will, das einzige Kulturgut, das Amerika je hervorgebracht hat, das wollen wir bewahren und pflegen."

ISBN 13: 978-3-928143-37-0

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